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Baubericht:  schlanke Bogenweichen


Einführung
Für den Heimgebrauch liefert Tillig mit den "Pilz Elite"-Weichen mit 12° Endwinkel und 9°-Herzstückwinkel recht brauchbare Konstruktionen. Der Abzweigradius liegt bei 1350 mm, da läuft also so ziemliche jedes Fahrzeug einer Heimanlage drüber.
Es gibt die EW 3 auch als Bausatz mit Flexsteg, da heißt sie "W 4" und man kann auch Bogenweichen daraus formen. Das ist eine feine Sache, zumal man mit etwas Motivation statt des über 15 Euro teuren Bausatzes für rund 3 bis 4 Euro eine schlanke Weiche (Weichenrost, Stellschwelle und Schienenprofil) erhält. Schwieriger wird es nun, wenn man aus der W 4 Bogenweichen bauen will, deren Abzweigradien einem bestimmten Maß entsprechen sollen.
Bei mir war eine Bogenweiche erforderlich, deren Innenradius 800 mm betragen sollte und der  Außenradius 1250 mm. Sicher hätte es auch die W 4 getan, dann hätte aber der Außenradius ein weit größeres Maß als 1500 mm gehabt und der anschließende Bogen wäre zu weit von der Ideallinie abgekommen.
Im Begleitzettel zum Bausatz weist Tillig auf verschiedene individuelle Möglichkeiten und den Spur0-Club hin, der ein entsprechendes Programm zur Verfügung stellt, mit dem so ziemlich alle Weichen konstruiert werden können. Ein Bekannter war so freundlich, mir die gewünschte Weiche mit dem Bogenweichenprogramm zu erstellen und auszudrucken.

Der Bau
Der Ausdruck kam auf zwei A4-Blättern, die klebte ich auf das Korkplanum auf. Dann habe ich das Schwellenrost der W 4 zerschnitten und fast immer eine der Pilz-Schwellen und eine Polystyrol- oder Holzschwelle abwechselnd aufgeklebt, so wie die Zeichnung es verlangte. Das Herzstück und der Übergang auf die Gleitplatten sind die Ausnahmen, hier habe ich zwei Schwellen zusammenhängend verlegt.


Bild 1

Geklebt habe ich mit Sekundenkleber, das Polyamid der Schwellen ist da eher abweisend, was Klebstoffe angeht. Nach dem Verkleben sollten die Kleineisen alle auf der gewünschten Linie liegen. Die Zungen werden natürlich dabei deutlich länger ausfallen, aber dazu später.


Bild 2

Das Herzstück entspricht völlig dem der Pilzweichen. Das folgende Bild zeigt das halbfertige Herzstück mit den zusätzlichen Schwellen.

Bild 3

Für die neu gefertigten Schwellen wird Kleineisen benötigt. Das liefert Tillig ebenfalls, allerdings habe ich keine Löcher in die PS-Schwellen gebohrt sondern die Stift vom Kleineisenfuß abgeschnitten und die Kleineisen beim Einziehen der Schiene mit aufgefädelt. Irgendwann habe ich auch alle Schwellen gestrichen...
Das nächste Bild zeigt nun die Weiche mit einer Außenschiene und den eingezogenen Zungen, geschliffen habe ich die Zungen anhand der originalen Pilzzungen. Wie im Schattenbahnhof habe ich bei dieser Weiche ebenfalls die Zungen getrennt, um Kurzschlüsse zwischen Zunge und Außenschiene zu vermeiden. Der Isolierstoß liegt genau auf einer PS-Schwelle und ersetzt hier das Kleineisen.


Bild 4

Das übrige ist schnell getan und berichtet. Die Schienen werden eingezogen, befestigt, mit Anschlüssen versehen und die Kleineisen an die richtigen Stellen geschoben. Die werden ebenfalls mit Sekundenkleber angeheftet, die Drähte für die Herzstückeinspeisung habe ich in 0,7er Löcher gelötet, die ich in den Schienensteg gebohrt hatte. Geschottert wurde mit TT-Schotter von Auhagen und Putzverfestiger. Ist billiger und muß nicht angerührt werden wie das Weißleim-Wasser-Spülmittel-Gemisch.
Die Radlenker liegen den Bausätzen nicht bei, wären hier unter Umständen auch zu kurz. Ich habe sie aus normalem Schienenprofil gefertigt, gebogen und eingezogen.
Das nächste Bild gibt den Eindruck der fertigen Weiche wieder.


Bild 5

Der Antrieb ist bei den Weichen in diesem Bahnhof etwas umständlicher, durch den darunterliegenden Schattenbahnhof können die Fulgurex-Antriebe nicht unterflur angebaut werden.
Deshalb ordnete ich den Antrieb dieser Weiche unter dem künftigen Hang an. Zum Stellen läuft ein Gestänge durch ein Messingrohr, über einen Umlenkhebel zum Antrieb. Keine große Sache, das folgende Bild läßt das sehr gut erkennen.


Bild 6
Fazit:
Der Bau ist nicht wirklich schwierig und mit geringem Aufwand erhält man eine optisch ansprechende Weiche. Natürlich ist der Zeitaufwand größer als beim einfachen Bausatz (15 min) oder gar der Verwendung fertiger Weichen mit angebautem Antrieb. Für die Maße der Standardweichen würde ich auch keine eigenen Weichen konstruieren aber für Sonderfälle halte ich den Eigenbau absolut für geeignet.
Natürlich besteht eine gewisse Suchtgefahr, vorausgesetzt, man hat den nötigen Platz. Wer nur 15°-Weichen gewöhnt ist, erschaudert vor Ehrfurcht beim Anblick einer 10°-Weiche, wer die schlanken Pilz-Weichen lange genug betrachtet hat, findet diese im Vergleich zu solch langen Eigenbauten nach kurzer Zeit auch zu kurz.

Weitere Weichen und Beispiele:
Weller-Weichen


Letztlich noch ein immer wieder zu wiederholender Hinweis:
Wer eine Gleisanlage errichtet, sollte wegen der langen Standzeiten einer festen Anlage das modernste Gleismaterial verbauen, das es gibt. Wer als heute noch mit M-Gleis oder Pikos Pappschwellengleis neue Anlagen errichtet, dem ist (es sei denn, er baut eine Retro-Anlage im Stil der 60er) nicht zu helfen, verbaut er sich die Möglichkeit, später moderne Fahrzeuge und künftige Entwicklungen einsetzen zu können.
Ebenso verzichte man lieber auf ein Bahnhofsgleis und nehme dafür schlankere Weichen, denn mit größer werdenden Radien sinkt die Entgleisungsgefahr signifikant, Knicke und Stöße werden unkritischer. Wegen drei Zentimeter Länge die DKW I verwenden statt der DKW II mag zwar anfangs sinnvoll erscheinen, aber um wieviel ist der 486er Radius schlimmer als der 1000er...?



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