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Baubericht
E.T. 507 Breslau
Einführung
Wie ich schon im Bericht über den Rekonstruktionsversuch des ET 88 sowie der Beschreibung eines Nachbaus schrieb, gab es vor rund 30 Jahren einen ET 88 von Günther/ Heinzel auf Basis der Liliput-Abteilwagen. Diese haben eine begrenzte Ähnlichkeit mit dem Vorbild, vor allem Fahrzeuglänge und Anzahl der Abteile harmonieren überhaupt nicht. Neben den falschen Drehgestellen schlagen beim Liliputwagen die Türen für einen E.T. 507ff falsch herum auf. Antriebstechnisch sind diese Modelle ebenfalls unbefriedigend, es wäre daher Zeit für ein entsprechendes Modell eines Großserienherstellers. In N gab es einen ET 88 von Arnold, recht unverständlich, warum es der Triebwagen noch nicht auf ein H0-Modell gebracht hat. Mario Menge plante ihn vor ein paar Jahren, laut Auskunft von Westmodel wird der ET 88 das letzte Modell sein, das sie noch entwickeln.
Vor einigen Jahren befriedigten mich die erhältlichen "Modelle" nicht mehr und als vor drei Jahren dann meine handwerklichen Fähigkeiten das nötige Niveau erreicht hatten, wagte ich mich an einen ET 88 mit korrekter Anzahl Türen und richtiger Fahrzeuglänge heran.

Vorbild:
Für die geplante Elektrisierung der Berliner Stadt- und Vorortbahnen ließen die Preußisch-Hessischen Staatsbahnen nach 1918 auch zwei Triebwagen zum Vergleich mit den von der ED Berlin bevorzugten Triebgestellzügen bauen. Der vorübergehend als E.T. 1001 und 1002 bezeichneten Fahrzeuge kamen nach Schlesien, wohin ihnen die nachgebauten E.T. 509 und 510 dann folgten. Bis zur Betriebseinstellung im Juli 45 liefen die E.T. 507ff, die späteren ET 88 01 bis 04 vornehmlich auf der Strecke nach Halbstadt hinüber ins Bömische. Nach dem Krieg lief noch ein Triebwagen in Süddeutschland.     




Bild 1
Ein ET 88 auf Basis des C4 von Liliput


Nach gründlichen Recherchen zeigte sich, daß der der dreiachsige preußische Abteilwagen von Märklin eine brauchbare Grundlage abgibt. Im Vergleich zum Musterblatt Ib7 oder Ib8 schlagen beim Märklinwagen die Türen verkehrt auf, für einen ET 88 bzw. die Beiwagen aber richtig rum. Die Abmessungen stimmen im wesentlichen und, im Gegensatz zu den Stadtbahnwagen von Roco, sind die Märklinwagen aus Polystyrol und lassen sich so gut kleben.



Bild 2
Die Ausgangsbasis, der C3 von Märklin

Für den Triebwagen verwendete ich ein C-Pärchen, für den Steuerwagen ein C/CPw-Pärchen. Günstiger sind hier sicher die französische oder bundesdeutsche Variante, weil bei diesen Ausführungen bereits die Abzugshauben der Gasbeleuchtung und die Wagenschilder fehlen. Der Wagenkasten wurde zersägt, ein C3 behält fünf Türen, der andere 4 Türen. Vom Rahmen habe ich nur die Puffer, den äußeren Langträger und die Tritte verwendet.
Die Führerstandsfenster habe ich nach Zeichnung angerissen, gebohrt und dann ausgefräst. Zuletzt eckig gefeilt und mit dem Rahmen aus dünnem PS ausgekleidet. Griffstangen und der Zierrat sind aus Draht, die Lampen aus Messing gedreht, die Lüfter aus dünner geschliffenem Evergrenn-Material, die preußischen Bremsschläuche aus einem uralten Röwa-Bausatz. Die Umrahmung des Gepäckabteils ist einfacher Draht. Das vor der Stirnwand jeweils rechts sitzende letzte Seitenfenster im Führerstand wurde verschlossen, so wie das Foto aus dem Siemens-Forum den E.T. 1002 zeigt.

Das Dach wurde ebenfalls aus zwei Teilen zusammengesetzt, gespachtelt und grau lackiert.




Bild 3
Der Rahmen mit dem Antriebsgestell

Der Rahmen und das Fahrwerk sind etwas, aber nicht viel aufwendiger. Da es keine vom Radstand passenden Drehgestelle gibt, wurden die Drehgestelle einer V 100 von Gützold aus DDR-Produktion umgebaut. Der „äußere“ Radsatz wurde um das korrekte Maß nach vorn und nach oben verlegt. Dabei fiel der Antrieb der Achse weg, bei einem Triebwagen sind aber kein Probleme wegen mangelnder Zugkraft zu erwarten.

Weil die zu verwendenden Radsätz von GFN waren, aber Gützold 2,5er Achsen verbaut, mußten die GFN Achsen mit einer Hülse „verdickt“ werden. Die Radsätze wurden auf RP 25 abgedreht und der Radsatz ohne Antrieb durch eine mittige Lagerung und Ausarbeitung der Lager nach oben und unten so positioniert, daß jedes Drehgestell eine Dreipunkt-Lagerung hat.
Der Drehzapfen ist außermittig gelagert, was hinterher einige Probleme mit dem Ausschlag der 1150er Radsätze bereitete.

Der Rahmen hat zwei Langträger aus Messingprofil und liegt mit je einer Platte auf dem Drehgestell auf. Verstärkt wird der Rahmen durch den Aggregatekasten und ein Sprengwerk. Da der Antrieb ursprünglich Experimantalcharakter hatte und ich gerade keinen Faulhabermotor zur Hand hatte, wurden Motore aus CD-Rom-Laufwerken benutzt. Mit diesen hatte ich sehr gute Erfahrungen gemacht was Auslauf und die fehlende Eigenhemmung betrifft. Die Motore sind im Kasten gelagert und mit einer jeweils 20x20 mm starken Schwungmasse hat der Triebwagen bei 14 Volt im Analogbetrieb einen Auslauf von 2 m. Die von mir gewünschte Höchs-tgeschwindigkeit erreicht er bei 6 Volt und da immerhin noch einen Auslauf von 20 cm.



Bild 4
Seitenansicht des Wagenkastens

Verkleidung des Rahmens und Befestigung des Oberteils ist kein beschreibenswerter Aufwand, die Drehgestellblenden sind aus PS mit Achslagern und Federn, die ich von Güterwagen mit preußischen Gleitlagern gewann. Insgesamt wurden hier überwiegend vorhandene Materialien aus der Bastelkiste verwendet.

Die Stromabnehmer von Piko habe ich von der plumpen, aber dauerbetriebtauglichen Stahlumhüllung befreit und auf ein paar selbstgebaute Böcke gesetzt. Die originalen Siemens-Dreieraggregate zu bauen ist recht anspruchsvoll und erfordert mehr Geschick als ich zur Zeit habe.



Bild 5
Das mechanisch fertige Fahrzeug

Der Steuerwagen:
Der Steuerwagen ist dem Triebwagen ähnlich aufgebaut. Hier mußte der Wagenkasten 8 Abteile lang sein. Statt das Originalfahrwerk zu schneiden und zu kleben, bedeutete es hier weniger Aufwand, den Rahmen neu zu bauen. Das Drehgestell hat Innenlagerung und ist voll beweglich, der Lenkradsatz ist von Rocos Abteilwagen, da ich gern einen Fachwerkachshalter hatte und Märklin an den Abteilwagen nur moderne Preßblechhalter verbaut.









Bild 6, 7 und 8
Der Steuerwagen  5026 in seinen Teilen


Die Beiwagen:
Die drei Beiwagen sind kurz gekuppelt, B3+B3+C3, neu lackiert und beschriften und werden mit dem Trieb- und Steuerwagen über die norwegische Drahtbügelkupplung verbunden. Damit kann ich überall die Pufferbohlen voll zurüsten und habe keinen wuchtigen Kuppelapparat und Schacht, der mir die Optik verdirbt. Der Kuppelabstand gezogen beträgt 1,5 bis 2 mm, ausreichend in meinen 800er Radien.



Bild 9
Der Steuerwagen 5026 lackiert und zusammengesetzt

Lackiert wurden alle Wagen in RAL 6008, die Dächer habe ich in mattgrau gespritzt, das Dach des Steuerwagens bekam eine silbergraue Lackierung, da er im Thema meiner Anlage erst vor einigen Wochen den Dachstromabnehmer verloren hat. Als Oberwagenlaternen dienen LED aus DDR-Fertigung (2x2x2 mm mit Linse), die es auch bei Conrad nun leider nicht mehr gibt.

Das Fahrverhalten war analog schon gut, mit einem MX 64 von Zimo gibt es wirklich nichts zu beanstanden. In Fahrstufe 1 legt der Zug in einer Minute eine Strecke von 26 mm zurück, ein durchaus vorzeigbares Ergebnis, wie ich finde. Die Getriebegeräusche sind wegen der Teile von Gützold bei hohen Geschwindigkeiten nicht so schön, erinnern aber durchaus an einen Tatzantrieb. Den fehlende Durchblick durch den Triebwagen stört jetzt schon, das fast perfektes Fahrverhalten gleicht das aber aus. Mit Publikum und Verkleidung ist hoffentlich noch einiges zu retten ist. Außerdem kann ich mir ja später einen neuen E.T. bauen und all die gemachten Fehler vermeiden und dann den Faulhabermotor in den Untergrund legen.



Bild 10
Der komplette Halbzug 2 nach Abschluß der Versuchsfahrten,
hier mit bereits umgebauten Steuerwagen (Ohne eigene Dachstromabnehmer)


Zweifellos gibt es noch einiges zu tun, es fehlen noch die Inneneinrichtung, Alterung, Luftschläuche und elektrische Kupplungen zwischen den Wagen, Reisende, etc. Wichtig ist auch noch, den Kuppelabstand der drei Beiwagen zu verringern. Der betrug laut Musterblatt 250 mm, die Modelle sind aber mindestens doppelt so weit gekuppelt.

Fazit:
Der Aufwand zum Bau des Zuges war doch recht hoch da eine zeitgemäße Umsetzung und Detailierung angestrebt wurde. Das Ziel wurde weitgehend erreicht, einzig der durch die Art der Drehgestellbefestigung beschränkte Bogenlauf stört bei Anlagen mit Radien unter 700 mm. Hier wäre die Beibehaltung der originalen Aufhängung von Gützold sinnvoller gewesen.


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