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Mittelschwere elektrische Güterzuglokomotive von Humboldt/BBC, 1921.
EG 555/556
Mit der elektrischen Zugförderung lagen 1910 nur wenige Erfahrungen vor. Diese bezogen sich hauptsächlich auf Straßenbahnen Untergrund- und Hochbahnen, auf verschiedene Formen des Versuchsbetrieb und auch international waren die unterschiedlichsten Lösungen in der Erprobung. Für den schweren Güterzugdienst in Schlesien galt es nun die beste Bauform der elektrischen Güterzuglok zu finden. Einerseits war eine gute Bogenläufigkeit notwendig, die Werkstätten bevorzugten teilbare Maschinen und über Höchstgeschwindigkeiten im Güterverkehr wurde noch nicht diskutiert, erreichten doch die schweren Dampflokomotiven wie die G 8 und G 10 im Gebirgsdienst auch nur 10 bis 20 km/h.
Sorgen bereitete den Konstrukteuren auch die Kraftübertragung vom Motor auf die Räder. Der Stangenabtrieb war vertraut und bewährt, Zahnradantriebe kannte man von den Straßen- und Grubenbahnen, traute ihnen aber noch nicht die hohen Kräfte zu. Deshalb erlaubte sich die Direktion Breslau drei verschiedene Bauformen zu bestellen:
1912 die B+B+B, EG 538ff,
1912 die C+C, EG 551/552ff,
1913 die AAA+AAA, EG 571ab (heute als Co+Co bezeichnet.

Diese drei frühen elektrischen Lokomotivreihen zeigen den Experimentalcharakter der elektrischen Zugförderung. Die EG B+B+B wie auch die hier betrachtete EG C+C stellen einen aussterbenden Nebenzweig dar. Weder Außenrahmen noch Hall'sche Kurbeln wurden wieder aufgegriffen und auch der Stangenantrieb wurde in den 20ern durch den wartungsärmeren, konstensparenden Einzelachsantrieb abgelöst.

Grundsätzlich bewährte sich die EG in ihrem Einsatzgebiet. Dank der geringen Achslast von knapp über 16 t wurden die Maschinen auf den Nebenstrecken ins Bömische eingesetzt, nachdem die deutlich schwereren Maschine der späten Baureihe E 91 auf der Hauptstrecke die Leistungen übernommen hatten. Hier genügte die später als E 90.5 bezeichnete Baureihe recht bald nicht mehr den Anforderungen an Zugkraft und Geschwindigkeit.
Bevor in den 30ern die Ausmusterung begann, mußten die Loks noch zahlreiche Umbauten über sich ergehen lassen. Die BBC-Stromabnehmer wurden teilweise ersetzt, die Faltenbälge verschwanden bei einigen Maschinen. (Diese erhielten dann Rückwände mit Übergangstüren.) Ein Teil der Lokomotoven bekam verlängerte Rahmen zum Anbau der Schnneepflüge, auf dem einen Vorbau fand dann der Kühler für Luftverdichter seinen Platz. Und zudem veränderte der Umbau der Strinseiten noch das Aussehen der Maschinen. War anfangs noch offene Lüfterlamellen im Vorbau zu sehen, wurden diese nach kurzer Zeit abgedeckt, da durch diese Lüfteröffnungen zu viel Schmutz, Regenwasser und Schnee in die Vorbauten eindrang.
 
Zustand 2010.

Das Modell
Die E 90.5 gehört zu den frühen Elloks von Westmodel. Über das erste Baujahr läßt sich trefflich spekulieren, bekannt ist, daß die erste E 90.5 als Wechselstrommodell erschien, Klaus Bachmann verwendete dafür die Fahrwerke der V 60 von Märklin. Bei eBay tauchen immer wieder derartige, in einem hellen Grün lackierte Modelle auf. Modellbauwiki gibt 1999 als Beginn des Produktionzeitraumes an, ich würde anhand der Machart und zeichnerischen Details (der Ätzplantine) noch zehn Jahre früher ansetzen.
Meinen Bausatz erwarb ich um 2010, eher aus Versehen. Ich hatte das Angebot beie eBay gesehen, aus Jux ein Höchstgebot von 380 Euro eingegeben und den Zuschlag für weniger bekommen. Eigentlich wollte ich die Maschine wegen des komplizierten Fahrwerkes nicht bauen! Drum lagen die Teile fast 15 Jahre im Schrank, zwar beschäftigte ich mich gedanklich immer wieder mit dem Projekt, scheute aber das Scheitern.
In den Sommerferien 2024 standen mir 5 Wochen Freizeit zur Verfügung, diese nutzte ich dann, um die lang gehegten Gedanken in der Praxis umzusetzen. Ich verzichtete von Anfang an darauf, mit den beiliegenden Getriebeteilen das Fahrwerk zu bauen. Letztlich konstruierte ich zwei neue innere Getrieberahmen und nutze die Außenrahmen nur als Deko.
Der Aufbau erfuhr auch zahlreiche Änderungen, ich änderte die Dachausrüstung, die Stromabnehmerausführung, es gab Änderungen an den Gepäckraumtüren, Lampen, der Lüfterabdeckung usw.
Erstmals habe ich bei einem zweiteiligen Modell in der zweiten Lokhälfte einen Funktionsdecoder eingebaut um weniger Drähte ziwschen den Teilen zu haben.
Die fertige Maschine hat eine Höchstgeschwindigkeit von 35 km/h und einen Mindestgeschwindigkeit von 0,5 km/h. Daraus resultieren hervorragende Fahreigenschaften und die Geschwindigkeiten entsprechen meiner Philosophie:
"Bei verkürzten Strecken im Modell sollte auch die Geschwindigkeit reduziert werden".

Meine selbstgewählten Werte sind damit:
Güterzüge: 30 km/h
Personenzüge: 45 km/h
Eilzüge: 60 km/h
Schnellzüge: 85 km/h.
 












Lokkasten im Rohbau, Sommer 2024.
Hier noch mit den falschen Abdeckungen der Lüfterjalousie.






Grundiert und mit den korrekten Abdeckungen.
















Quellen:
Bäzold/Fiebig, Archiv Elektrischer Lokomotiven, Transpress, 1. Auflage 1966,
Bäzold/Fiebig, Ellok-Archiv, Transpress, 3. Auflage,
Rampp, Preußen-Report No. 10, Merker, 1997


Mittelschwere elektrische Güterzuglokomotive von Humboldt/BBC, 1921.