Das Vorbild
Die ersten Einheitslokomotive
der Deutschen Reichsbahn, die überhaupt gebaut wurde, war
die
02 001.
Nach dem ersten Weltkrieg,
als das Deutsche Reich einen Teil seiner Lokomotiven abgeben
mußte
und auch der übrige Fahrzeugpark beträchtliche Schäden
aufwies,
machte sich ein fühlbarer Mangel an Lokomotiven bemerkbar. So
hatte
die neugegründete Deutsche Reichsbahn nach dem
Zusammenschluß
der Länderbahnen als erstes an die Beschaffung neuer
Schnellzuglokomotiven
zu denken. Obwohl bei den einzelnen Länderbahnen gute
Konstruktionen
vorhanden waren, konnte man sich nicht dazu entschließen, eine
davon
als Einheitsmaschine weiterzubauen, da jede Bauart nur für den
speziellen
Bedarf der jeweiligen Länderbahn entworfen war.
Da die neuen Lokomotiven noch
nicht fertig waren, wurden verschiedene Loks als
Übergangsslösung
weiter gebaut. So wurde etwa die P 10, erst 1922 von der
Preußischen
Staatsbahn entwickelt, bis 1927 in 260 Exemplaren weitergebaut.
Unterdessen gingen die Arbeiten
zur Konstruktion einer völlig neuen Schnellzuglokomotive voran. Im
Lokomotivausschuß trafen die Erfahrungen der preußischen
Konstrukteure,
die mit Zweizylindermaschinen gute Erfahrungen hatte, auf die
Erfahrungen
der süddeutschen Ingenieure, die das Vierzylinder- Verbund-
Triebwerk
bevorzugten. Um eine Klärung der Vor- und Nachteile der einzelnen
Konstruktionen ein für allemal zu klären, wurden
nebeneinander
10 Zweizylinderlokomotiven der Baureihe 01 (2'C1' h 2) und 10
Lokomotiven
der Baureihe 02 (2'C1'h 4v) gebaut. Abgesehen vom Triebwerk waren beide
Baureihen identisch, denn es war vorgesehen, die unterlegene Bauart
nach
Abschluß der Vergleichsfahrten in die überlegende Form
umzubauen.
Die Versuchsfahrten ergaben, daß die 02 dier 01 nur in den oberen
Leistungsbereichen - das war vor schweren Zügen oder auf langen,
starken
Steigungen der Fall - überlegen war. Diese Überlegenheit
machte
aber nicht die höheren Unterhaltungskosten des
Vierzylinder-Verbundtriebwerkes
wett.
Da man auch weiterhin nicht
ahnen konnte, welche Leistungen den Lokomotiven in den dreißiger
Jahren abverlangt würden, stellte man den Bau der 02 mit ihrer
fehlkonstruierten Dampfmaschine ein.
Das
Modell
Die 02 ist eines meiner frühen
Werke. Angeregt durch das Buch "Die Baureihe 01" von Weisbrod/
Müller
entschloß ich, der unterlegen Baureihe zu huldigen.
Basis war, wie so oft bei
mir, eine der damals zahlreich vorhanden Märklin- Loks. Die 01.10
erhielt
ich als Wechselstromlok, um sie gleichstromtauglich zu machen, zerlegte
ich das Fahrzeug komplett. Mit einer Dreikant-Schlüsselfeile
weitete
ich die Bohrungen in den Achsen. Dann nahm ich einen Trinkhalm (geht
nur
mit Halmen aus DDR-Produktion!) und zog ihn mit zwei Zangen unter
heißem
Wasser in die Länge. Nach dem Abkühlen mit kaltem Wasser
suchte
ich im Trinkhalm eine passende Stelle, schnitt ein 10 mm langes
Stück
ab und zog es über die Achse. Saß die Isolierung straff,
wurde
die Achse in das Rad eingepreßt. Dabei war darauf zu achten, das
die Achse rechtwinkelig saß. An der Außenkante konnte der
Strohalm
bündig abgeschnitten werden, innen dagegen preßte ich das
Rad
mit der Achse in das zugehörige Lager. Dabei wurde der Trinkhalm
gestaucht
und bekam die Form eines Faltenbalges. Eine "Falte" oder ein Ring blieb
stehen, die übrigen schnitt ich ab, dann mußte noch die
Messinglagerbuchse
um das Maß des Isolierringes gekürzt werden. Bei sauberer Arbeit läuft
die Lok dann taumelfrei.
Das Umschaltrelais konnte
entfallen, ich ersetzte es erst durch zwei Dioden, später wurde
die
Erregerspule des Motors durch einen Feldmagneten ersetzt.
Zusätzliche
Stromabnehmer an Tender, Vorläufer und Treibradsätzen
vervollständigen
die Elektrik.
Der Kessel und das Gehäuse
der 01.10 wurden weitgehend von überflüssigen Zierrat
befreit, der
Öltender verschwand in der Bastelkiste. Der Kessel erhielt den
zweiten
Dom und den Sandkasten einer Piko 23. Dieses Lokgehäuse spendete
auch
den Vorwärmer, die Sandfallrohre entstanden aus Draht. Vom
Führerhausdach
mußte noch die Windabrißkante entfernt werden, die vordere
Schürze fertigte ich aus Polystyrol, zwei Drahtstücke deuten
die Schutzrohre der Innenzylinder an. Auf die Gegengewichte des
Innentriebwerks
verzichtete ich, weil ich damals und auch heute noch keine wirklich
befriedigende
Lösung habe.
Die Windleitbleche stammen
aus dem Programm von Günther Modellbau.
Meine 02 sollte mir einem
2'2 T30 gekuppelt sein. Als Ostler hatte ich Mitte der Achtziger nur
begrenzten
Zugriff auf Kleinserienerzeugnisse, deshalb spendete eine S 3/6 ihr
Tenderfahrwerk.
Das stimmt zwar noch nicht mal in seinen Abmessungen, befriedigte aber
mit seiner Detailierung und ersparrte vor allem den Selbstbau. Das
Tendergehäuse
entstand aus Holz, der Kohlenkasten aus Polystyrol. Um die Nieten
darzustellen,
benutzte ich ein selbstgebautes Gerät. Es ähnelt den
Hilfsmittel,
daß Schneider benutzen, um den Schnittmusterbogen auf
Zeitungspapier
zu übertragen. Ich nahm ein Zahnrad aus einem Wecker, schliff die
Zähne so an, daß die Zahnspitzen fast rund sind.
An einen Griff angebaut, kann
man auf gutem Papier saubere Nietenreihen erzeugen. Diese
Papierwände
klebte ich auf den Tender und vervollständigte ihn dann
später
mit Leitern, Gaskessel und Laternen.
Lackiert wurde die ganze Lok
mit RAL 9005, das Fahrwerk mit RAL 3000.
Zweiter
Umbau
Nach gut 15 Jahren wurde die
02 erneut umgebaut. Jetzt befreite ich den
Kessel von allem DB-Krempel, reduzierte die Zahl der Waschluken und
ferigte nach Vorbildfotos neue Kesselleitungen an.
Lackiert habe ich die Lok diesmal auch im Ursprungslack mit braunen
Rädern und grün-schwarzem Aufbau.
Hier der Blick seitlich auf die
Lokomotive, ein
Einsatz auf meiner Anlage ist aber nicht mehr geplant.
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Quellen:
Gerlach, Für unser Lokarchiv, Transpress 1960, 1.
Auflage
Weisbrod/Petznick, Die Baureihe 01, Transpress, 1.Auflage
Weisbrod/Müller/Petznick, Dampflokarchiv 1, Transpress 1987, 1.
bis 5. Auflage
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